„Medienkompetenz gilt als Schlüsselqualifikation der heutigen und zukünftigen Gesellschaft und das Modellprojekt bietet eine Antwort an, wie diese sinnvoll vermittelt werden kann.“
Von Marten Gerdnun, Projektleitung FSJ_digital im Jahresbreicht 2016 Kulturbüro Rheinland-Pfalz
Das Ziel des Modell-Projekts FSJ_digital wurde formuliert in der Digitalen Agenda des Bundes 2014–2017: „Wir stärken das freiwillige generationenübergreifende Engagement zur Förderung der Medienkompetenz im Bereich des Internets und anderer neuer Medien.“ Etappenziel erreicht könnte man sagen, betrachtet man die Ergebnisse der Masterarbeit von Maria Dressler, die im Auftrag des Kulturbüros Rheinland-Pfalz und der Bundesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ) zur Evaluierung des 1. Jahres des Pilotprojektes FSJ_digital durchgeführt wurde. Das FSJ_digital ermöglicht einen niedrigschwelligen, lebensweltlichen Zugang zu komplexen Themen der Medienbildung und wirkt gleichzeitig als qualifizierende Weiterbildungsmaßnahme, multiplizierende Vermittlungsinstanz und als Anreiz für ein neues digitales Engagement im Freiwilligendienst.
Foto: Kulturbüro Rheinland-Pfalz
Im Rahmen der Masterarbeit wurde auch untersucht, welche Kompetenzen das Projekt fördert. Insbesondere Sozialkompetenzen, organisatorische Fähigkeiten, z. B. Projekt- und Zeitmanagement sowie Medienkompetenz wurden hier genannt. Grundsätzlich werden diese als förderlich für die Entwicklung eigener berufsbezogener Kompetenzen eingestuft und als notwendig für die Berufsqualifizierung definiert, so Dressler. „Mit ausgeprägten Digitalkompetenzen kann der Komplexität des digitalen Wandels begegnet werden. Wir brauchen daher eine systematische Aus- und Weiterbildung, die gleichermaßen von Politik und Wirtschaft vorangetrieben wird und die ganzheitlich im Bildungssystem verankert ist. Digitalkompetenzen – als eine zentrale Kulturtechnik im 21. Jahrhundert – muss über alle Ebenen in der Bevölkerung gefördert werden, um sich selbstbestimmt und verantwortungsvoll in der digitalisierten Welt bewegen zu können.“ (Initiative D21, 2016, S. 9)
Das Modellprojekt FSJ_digital erfüllt diese Forderungen und betritt durch seinen kooperativen und explorativen Charakter Bildungsneuland. Die Förderung der Chancengleichheit durch intergenerationelles Lernen, in der Freiwillige, Einsatzstellen und ihre Nutzer voneinander lernen, stellt eine neue mediale Infrastruktur zur Verfügung. Mit dieser können auf die Zielgruppen angepasste Konzepte erarbeitet, Mitarbeiterqualifikation gefördert und methodische, moralische, ästhetische und soziale Aspekte neu ausgehandelt und gelernt werden, so Dressler weiter. „Der Wissensfluss bezüglich digitaler Medien wird in beide Richtungen gesehen, wenn auch stärker in der Konstellation, dass die Einrichtung vom Freiwilligen gelernt hat als andersherum.“ (Dressler, 2016, S. 69)
Die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts schafft Raum für erste Erkenntnisse, um der Forderung nach Bildungssystematiken zur Vermittlung von Medienkompetenz gerecht zu werden. Wie in der Digitalen Agenda gefordert, ermöglicht sie den Schulterschluss von Gesellschaft und Wirtschaft mit Kultur- und Kreativwirtschaft. Gleichzeitig ist damit bereits ein erster „großer Sprung nach vorn“ (BMBF, 2016) vollzogen, den Bundesministerin Johanna Wanka im Rahmen des DigitalPakt#D 2016 forderte, um „die entsprechenden pädagogischen Konzepte, die Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie gemeinsame technische Standards“ (BMBF, 2016) zu entwickeln. Sinnvoll wäre in diesem Sinne eine weiterführende vertiefende Kooperation mit Hochschulen, um die bereits gesammelten Erfahrungen und Ergebnisse, entsprechend Wankas Forderungen, für die Modernisierung und Erweiterung der Angebote auch für die Ausbildung von Lehrkräften nutzbar zu machen. Im Rahmen des Modellprojekts FSJ_digital entsteht derzeit wertvolles theoretisches und praktisches Wissen um die Medienkompetenzvermittlung, „Für relevante Tätigkeiten und zuständige Mitarbeiterinnen kommt die Teilnahme an Fortbildungen innerhalb der Institution oder bei externen Anbietern vor, findet aber selten gezielt statt.“ (Dressler, 2016, S. 67) In dem Zusammenhang sehen die Einsatzstellen „das FSJ_digital als gute Chance an, hier von Freiwilligen, ihrem Wissen und ihren alltäglichen Erfahrungen zu profitieren“. (Dressler, 2016, S. 61) Dieses neue Wissen könnte durch eine weiterführende Kooperation mit Bildungsinstitutionen für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden. Die wissenschaftliche Begleitung liefert neue Erkenntnisse, wie medienpädagogische Themen in die Lehramtsausbildung sowie Anregungen, wie diese in Lehr- und Bildungspläne integriert werden können.
Foto: Kulturbüro Rheinland-Pfalz
Diese Vorreiterrolle könnte durch eine Weiterführung der finanziellen Förderung von dem mit einer nur 2-jährigen Pilotphase etwas kurz geratenem Modellprojekt FSJ_digital weiterhin ausgefüllt werden. Denn „Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten können dabei helfen, Schritt zu halten. Noch werden sie von den Arbeitgebern allerdings nicht im erforderlichen Maße angeboten – Deshalb sind viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf angewiesen, sich selbst neues Wissen und neue Fertigkeiten anzueignen. Die Bundesregierung muss darauf reagieren und Anreize setzen, damit mehr strukturierte Fortbildungsmaßnahmen angeboten werden.“ (Gabriel, 2016, S. 3) Der „Hinderungsgrund für die Einführung solcher Produkte [Apps und audiovisuelle Angebote] sind aber oft die Kosten, die durch die Notwendigkeit, diese extern von einem Dienstleister erstellen zu lassen, entstünden und Personalaufwand in der internen Betreuung. Dabei werden aber durchaus Möglichkeiten gesehen, zukünftige FSJler in die Arbeit mit digitalen Medien einzubinden.“ (Dressler, 2016, S. 66) Nur im Rahmen solcher fundierten und wissenschaftlich begleiteten Projekte kann das Basiswissen entwickelt werden, das notwendig ist, um eine kompetente Gesellschaft zu befähigen, mit den steigenden Anforderungen der Digitalisierung als zentrale Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts souverän umzugehen.
Vor diesem Hintergrund und auf der Grundlage der Evaluation und den Rückmeldungen von beteiligten Freiwilligen und Einsatzstellen plädieren wir dafür, die kurze 2-jährige Pilotphase sinnvoll zu verlängern, um nach einer weiteren Modellphase über eine ausreichende Expertise zu verfügen, digitale Inhalte im Regel-FSJ zu verankern.
BMBF. (10. Oktober 2016). Pressemitteilung: 117/2016 – Sprung nach vorn in der digitalen Bildung. Berlin.
BMWi. (18. November 2016). Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Von bmwi.de: https://www.bmwi.de/DE/Themen/Digitale-Welt/digitale-agenda.html abgerufen
BMWi, B. B. (2014). Digitale Agenda 2014-2017. Berlin: BMWi.
Dressler, M. (2016). #FSJ_digital des Kulturbüros Rheinland-Pfalz – Mehrwert für Freiwillige und Einsatzstellen? Stuttgart: Unveröffentlichte Masterarbeit an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.
Gabriel, S. (2016). D21-DIGIT13 auf 10 AL-INDEX – Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. Berlin: Initiative D21 e. V.
Initiative D21, e. (2016). D21-DIGITAL-INDEX – Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. Berlin: Initiative D21 e. V.
Krempl, S. (15. November 2016). Heise.de. Von http://www.heise.de/newsticker/meldung/D21-Digital-Index-Deutsche-fallen-bei-Internetkompetenz-zurueck-3465878.html#mobile_detect_force_desktop abgerufen